Gerade in diesen besonderen Tagen, wo der Handel und der Verkauf von Pflanzen in Deutschland und Europa deutlichen Einschränkungen unterliegen ist, werden sich wohl einige Pflanzen-Produzenten Sorgen machen, ob die bereits produzierten und verkaufsfertigen Pflanzenbestände auch komplett ausgeliefert werden können und wenn dies glücklicherweise doch der Fall sein wird, zu welchem Zeitpunkt wird dies geschehen. Doch mal abgesehen von dem aktuellen Krisenfall kann es doch immer mal vorkommen, dass Pflanzenbestände nicht restlos geräumt werden können. So sind wir als Gärtner, trotz einer immer digitaler werdenden Umwelt, nach wie vor in einem großen Maße vom Wetter abhängig.
Doch wenn mal ein Teil der bestände stehen bleibt, dann liegt urplötzlich die Frage im Raum: “Was machen wir mit den Resten?“. Nachfolgend möchten wir Ihnen unterschiedliche Herangehensweisen aufzeigen, was mit den Resten aus der Produktion umgegangen werden kann, ohne dass diese entsorgt/vernichtet werden müssen.
Unterschiedliche Wege können noch zum Erfolg führen
Wenn die Pflanzen nicht zum geplanten Termin den Betreib verlassen haben, dann sollten zuerst Überlegungen angestellt werden, zu welchem Zeitpunkt die vorhandenen Bestände verkauft und ausgeliefert werden können. Ist dies unter Umständen noch im Frühjahr möglich nur eben deutlich später und damit bereits in der Vegetation. Oder besteht erst im Spätsommer, nachdem die meisten Bundesländer die Sommerferien bereits hinter sich haben, die Gelegenheit die Pflanzen sinnbringend zu verkaufen. Dies ist die zentrale Fragestellung, auf der sich alle weiteren Handlungsempfehlungen stützen und aufbauen.
Verkauf noch im Frühjahr aber bereits in der Vegetation
Himbeeren
Bild: Himbeere im C5 (links) und Brombeere im C5 (rechts)
Bei den Himbeeren macht es keinen (großen) Unterschied, ob es ich um Herbsthimbeeren oder Sommerhimbeeren handelt. Denn bei beiden Gruppen bilden sich mit beginnender Vegetation Blütentriebe an den letztjährigen, verholzten Trieben. In der Produktion sind Blüten an Fruchtsträuchern teilweise nicht gerne gesehen, diese Können aber gerade beim Verkauf im späteren Frühjahr ein deutliches Verkaufsargument sein und durchaus auch Impulskäufe auslösen. Trotzdem kann ist es hier sinnvoll, auch um eine gute CC-Auslastung zu gewährleisten, dass die fertigen Pflanzen nochmals zwischen einem Drittel, maximal aber bis zur Hälfte zurückgeschnitten werden. Zusätzlich ist auch eine Nachdüngung empfehlenswert, da nach dem Winter erfahrungsgemäß kaum noch Nährstoffe im Substrat vorhanden sind und damit die Pflanzen am Verkaufsstandort nicht unansehnlich gelb werden.
Brombeeren
Bei den Brombeeren verhält es sich ganz ähnlich wie bei den Himbeeren. Auch hier bilden sich die Lateralen mit den Blüten an den letztjährigen Trieben. Allerdings beginnen die Brombeeren später mit dem Wachstum und dadurch ist auch die Blüte der Brombeeren später als bei den Himbeeren, dadurch ist ein Rückschnitt nicht unbedingt erforderlich. Entscheidet man sich trotzdem für einen Rückschnitt der Brombeeren, dann ist ein Einkürzen der Triebe um ein Drittel ausreichend. Auch bei den Brombeeren ist eine Nachdüngung im Frühjahr durchaus empfehlenswert. Hier sollte aber, ebenso wie während der Produktion, eine Nachdüngung mit deutlich höherem N-Gehalt erfolgen.
Heidelbeeren
Bild: Heidelbeeren im C5
Heidelbeeren haben Ihren ersten Wachstumsschub im Frühjahr gleichzeitig mit der Blüte. Während der Fruchtentwicklung und Abreife gibt es in der Regel kaum ein nennenswertes Längenwachstum. Dadurch ist ein Rückschnitt nicht zwingend erforderlich. Allerdings ist auch bei den Heidelbeeren eine Aufdüngung alles andere als Nachteilig. Ebenso wie bei den Brombeeren kann die Düngergabe bei den Heidelbeeren stickstoffbetont sein.
Stachelbeeren/Johannisbeeren
Bild: Stachelbeere im C5
Auch bei Stachelbeeren und Johannisbeeren kann ein Teil-Rückschnitt erforderlich sein, vor allem um eine gute CC-Ausnutzung zu gewährleisten wenn die Pflanzen bereits wieder in ihrer vegetativen Phase sind. Hier gilt es zu beachten, dass die Johannisbeeren deutlich früher ihr Wachstum wieder einstellen als die Stachelbeeren, darum sollte der (Teil-)Rückschnitt nicht zu spät erfolgen. Auch bei den Stachelbeeren und Johannisbeeren ist eine Aufdüngung nach dem Winter unerlässlich, da die Pflanzen bei unzureichender Ernährung schnell gelb und dann auch unansehnlich werden.
Verkauf ab Spätsommer mit der neuen Produktion
Himbeeren
Bei stehengebliebene Himbeeren, die noch eine weitere Saison durchkultiviert werden, ist ein Rückschnitt unausweichlich. Dieser sollte möglichst tief erfolgen, um eine Blüte und somit eine Fruchtbildung während der Kulturzeit weitestgehend auszuschließen. Zudem sollte dieser Rückschnitt zu einem so frühen Zeitpunkt erfolgen, wenn noch keine neuen Basis-/Bodentriebe gebildet worden sind. Diese können dann ungehindert wachsen und je nach Anzahl der Triebe geschnitten werden um erneut eine qualitativ hochwertige Pflanzen zu bekommen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Herbsthimbeeren oder um Sommerhimbeeren handelt, beide Sortengruppen können gleich behandelt werden. Auch hier ist eine ausgeglichene und angepasste Aufdüngung am Anfang unerlässlich.
Brombeeren
Ebenso wie bei den Himbeeren ist auch bei den Brombeeren ein Rückschnitt unerlässlich. Dabei gilt dieselbe Herangehensweise wie bei den Himbeeren: möglichst frühzeitig und tief zurückschneiden. Damit die neuen Triebe ungehindert wachsen können und sich nach möglichst wenig Blüten/Früchte bilden. Ein besonders wichtiges Augenmerk bei den Brombeeren liegt auf der Düngung. Gerade zum Beginn der Vegetation und dem Aufwuchs der neuen Triebe haben Brombeeren einen deutlich höheren N-Bedarf als etwa Himbeeren, weswegen beide Kulturen nicht über ein Dünge-Schema laufen können. Wird dies nicht berücksichtigt, zeigen sich jedoch nicht gleich Mangelsymptome. Allerdings werden weniger neue Triebe gebildet, die sich auch bei einem Stutzdurchgang weniger verzweigen.
Heidelbeeren
Bild: starke Heidelbeer-Pflanzen im C14 Deko
Heidelbeeren lassen sich im Allgemeinen recht gut auch eine weitere Saison durchkultivieren. Jedoch hat sich auch bei den Heidelbeeren gezeigt, dass sich ein Teil-Rückschnitt durchaus positiv auf die Pflanzenqualität auswirkt. Im Gegensatz zu Himbeeren und Brombeeren werden die Heidelbeeren aber maximal zur Hälfte zurückgeschnitten, wodurch eine deutlich buschigere Pflanzenqualität erzielt wird und es gilt der Grundsatz: Je stärker eine Sorte wächst, desto tiefer kann der Rückschnitt erfolgen. Auch hier sollte der (Teil-)Rückschnitt möglichst früh mit dem beginnenden Wachstum erfolgen. Ein so früher Rückschnitt sorgt dafür, dass beide Wachstumsphasen der Heidelbeeren zur Gänze ausgenutzt werden können. Ebenso wie bei den Brombeeren, haben auch die Heidelbeeren einen erhöhten N-Bedarf, gerade in der zweiten Wachstumsphase ab Mitte/Ende Juli. Dies gilt es im Düngekonzept zu berücksichtigen.
Stachelbeeren/Johannisbeeren
Bild: kräftige Johannisbeer-Pflanzen mit zwei Sorten in einem Topf
Wie bereits erwähnt schließen die Stachelbeeren und Johannisbeeren besonders früh wieder mit ihrem Wachstum ab. Das hat zur Folge, dass ein Rückschnitt auch besonders früh erfolgen muss, damit wieder eine qualitativ hochwertige Pflanze heranwächst. Da die Johannisbeeren aber noch vor den Stachelbeeren wieder mit ihrem Wachstum abschließen und somit im Vergleich nur ein eher kurzes Vegetationsfenster zur Verfügung steht sollten die Johannisbeeren, und hier vor allem die weißen und roten Sorten, maximal zur Hälfte zurückgeschnitten werden. Wobei bei den schwarzen Johannisbeeren und den Stachelbeeren auch ein noch tieferer Rückschnitt möglich ist. Dies ist allerdings auch abhängig von der ursprünglichen Pflanzenqualität (je besser die Qualität, desto weniger Rückschnitt ist anzuraten). Das im Verhältnis kurze Wachstumsfenster hat dann auch starken Einfluss auf die Düngestrategie. So gibt es gerade zu Beginn der vegetativen Phase einen erhöhten Nährstoffbedarf. Hier kann auch eine entsprechend angepasste Düngung dazu führen, dass die Wachstumsphase verlängert wird.
Allgemein
Im Allgemeinen besteht auch die Möglichkeit, Restbestände in einen größeren Container (z.B C5, C7,5 oder C10) umzutopfen, um somit eine große und kräftige Solitär-Pflanzen zu erhalten. Solche Solitär-Pflanzen können dann u.U. neue Absatzwege ermöglichen. Dadurch sind aber auch andere Verkaufszeitpunkte möglich, wenn diese großen Pflanzen z.B. mit Blüten und oder Früchten werden. Dies bietet sich gerade bei kleineren Containergrößen an (C2/C3) und/oder bei besonderen Sorten an. Dazu zählen zum Beispiel kompakt wachsende Sorten oder Sorten mit Mehrwerten wie besonders auffällige Blüten oder eine ungewöhnliche Blattfärbung.
Bild: Lowberry®-Himbeere und Lowberry®-Brombeere im C14 Deko
Überlegungen am Ende
Auch wenn der Pflanzenabsatz einmal nicht so laufen sollte wie es geplant gewesen ist, sei es durch Wetterkapriolen oder außergewöhnliche äußere Umstände wie sie aktuell vorherrschen, kann es immer noch Wege und Möglichkeiten geben, wie sich ein Ausfall verhindern lässt.
Selbstverständlich sind die von uns aufgezeigten Wege kein Allheilmittel. Sie sollen aber dazu dienen Möglichkeiten aufzuzeigen, dass es selbst in schwierigen Zeiten nicht aussichtslos sein muss und sich immer noch etwas retten lassen kann. Es muss halt jeder für seinen Betrieb den richtigen Weg finden.