Wie auch in anderen Obst- und Beerenarten ist das Heidelbeersortiment noch weitgehend von Sorten geprägt, die für den Erwerbsanbau gezüchtet worden sind. Gleichzeitig mit dem unaufhaltsamen Aufstieg der Heidelbeeren - nach der Erdbeere die zweitwichtigste Beerenobstart im professionellen Anbau - hat sich auch die Züchtung intensiviert, aber es ist eher unwahrscheinlich, dass der Hausgartenmarkt wie in der Vergangenheit davon profitieren kann. Die meisten neuen Sorten für den Hausgartenanbau sind proprietär, das heißt sie sind nicht nur sorten- und/oder markenrechtlich geschützt, sondern werden nur gewissen Anbauern und vertikal integrierten Fruchtanbietern zum Anbau überlassen. Dennoch lohnt sich ein erster Blick auf die aktuellen Tendenzen der Erwerbsanbau-Züchtung, bevor wir einige Stoßrichtungen der Hausgartenzüchtung beschreiben.
Die Heidelbeerzüchtung für den Erwerbsanbau
Fast während des gesamten 20. Jahrhundert (und älter ist die Kulturheidelbeere nicht) war das Heidelbeersortiment geprägt von amerikanischen Züchtern, die meist an Universitäten und bei der USDA (dem amerikanischen Agrardepartement) arbeiteten.
Bild: Frederic Vernon Coville (Quelle: Wikipedia)
Im Norden und Nordosten der USA prägte Vaccinium corymbosum die Kulturheidelbeeren, im Süden, vor allem in Florida wurden rund um Vaccinium ashei, etwas später, ab der Mitte des 20. Jahrhunderts eine zusätzliche Kulturheidelbeeren-Sortengruppe gezüchtet, die weniger Winterkälte braucht und ähnliche Qualitäten und Fruchtgrößen hervorbringt wie die nördlichen Kulturheidelbeeren. In den letzten 30 Jahren aber hat sich mit der Heidelbeerkultur selber auch die Züchtung globalisiert, und deutlich mehr als 60% der neuen Sorten sind immergrüne oder halbimmergrüne Sorten für den Anbau in der südlichen Hemisphäre mit wenig oder gar keiner Winterhärte. Im Süden findet die Heidelbeerexpansion statt, off Season im Norden gibt es die großen Marktlücken, und genau dafür werden Sorten gezüchtet. Und wenn dann auch noch die Asiaten und Chinesen beginnen Heidelbeeren zu essen… dann werden Produktion und Absatz nochmals explodieren. Diese Marktentwicklung kann man übrigens gut auch an neuern Züchtungen für den Erwerbsanbau ablesen, die vielfach extrem süß sind und mit wenig Säure auskommen – perfekt für den asiatischen Markt. Diese Sorten sind dann per se relativ schlecht für den mitteleuropäischen Hausgarten geeignet (fehlende Winterhärte, immergrün, nur süß), und dazu kommt noch wie schon oben gesagt die Tendenz zu proprietären Sorten (vielfach auch Club-Sorten genannt), die auch nicht frei lizenziert werden.
Die Tendenz der Erwerbsanbau-Züchtung geht auf Ertragsoptimierung, auf maschinenpflückbare Sorten, auf deutlich verbesserte Fruchtgröße, zusammen mit einer sehr festen und knackigen Textur. Ein zentrales Ziel sowohl in der Züchtung wie auch der Qualitätssicherung im Erwerbsanbau ist eine kontinuierlich gute Qualität, diese Regelmäßigkeit und Beständigkeit lässt teilweise noch zu wünschen übrig. Auch dafür werden neue Sorten gezüchtet, deren Früchte viel gleichmäßiger sind und auch viel fester.
5 Grundsätze für die Hausgartenzüchtung von Heidelbeeren
Die Heidelbeerzüchtung für den Hausgartenmarkt ist absolut notwendig, wenn auch hier Innovationen stattfinden sollen. Wie oben ausgeführt, wird man den Sortenfortschritt für den Hausgartenmarkt eher nicht aus dem Erwerbsanbau erwarten können. Ich sehe 5 Stoßrichtungen der Heidelbeerzüchtung für den Garten.
Robustere Heidelbeersorten
Bild: so unterschiedlich können die einzelnen Pflanzen innerhalb der gleichen Kreuzung sein
Ich glaube, dass wir genug halbimmergrüne Sorten im Sortiment haben und das wir dieses Segment nicht weiter ausbauen sollten. Der Kunde will pflanzen, ernten, genießen. Nach ‚schützen und pflegen‘ ist ihm nur selten zumute. Das heißt: Wir werden uns wieder stärker auf die nördlichen Kulturheidelbeeren konzentrieren müssen, und dazu bieten Vaccinium angustifolium und Vaccinium corymbosum sowie verwandte Arten noch viele Möglichkeiten.
Schöne Sorten
Bild: Heidelbeer-Selektion mit auffallend schwarzen Früchten
Ohne die Einzüchtung von südlichen Sorten wird es eher schwieriger werden, blattschöne Sorten zu züchten. Es sind die südlichen Arten und Sorten, die häufig Blattschönheit einbringen. Allerdings kann mit dem Wuchshabitus noch viel erreicht werden. Wirklich kompakte, ertragreiche und gutschmeckende und winterharte Sorten gibt es noch kaum auf dem Markt. Ebenfalls sehen wir Sortenkandidaten in unserer Züchtungspipeline, die sich vom Wuchstyp her als Bodendecker oder als Hängepflanzen eignen. Es ist auch nicht gottgegeben, dass Heidelbeer-Früchte immer blau bereift sein müssen, hier gibt es auch andere Farbschattierungen, die möglich sind: z.B. Dunkelblau bis Schwarz, oder eben Rosa.
Bessere Sorten
Bild: kompakte Heidelbeer-Selektion mit reifen Früchten
Lange hat man Heidelbeeren als Heidelbeeren wahrgenommen und kaum über Geschmacksunterscheide diskutiert. Es ist ja gerade eine der Erfolgseigenschaften der Heidelbeere, dass sie mittendurch schmeckt, jedem passt, dass es kaum Gegenrede gibt. Da ist Süße, da ist Saft und etwas Aroma. Da gibt es vor allem nichts, das irgendwo anstoßen würde, negativ auffällt. Hier gibt es aber noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten: Vor allem kann die Intensität des Aromas aber auch die Fruchtigkeit stark gesteigert werden. Zusammen mit einem knackigen, relativ festen Biss und einer feinen Textur kommt dann ein deutlich besseres Esserlebnis zustande.
Einfachere Sorten: Convenience
Bild: zweimaltragenede Heidelbeeren in der Selektions-Phase
Auch hier sehe ich vor allem Möglichkeiten im Wuchs und bei den sich aus dem Wuchs ergebenden Kulturtipps und Schnittanleitungen. Der alte Traum der PH-Toleranz wird nur schwer zu verwirklichen sein, sonst hätten wir sowohl schon längst solche Sorten. Auch remontierende, zweimaltragende Sorten würde ich zur Zuchtrichtung ‚Convenience‘ dazuzählen: Es ist ja wirklich einfacher, von einer Pflanze 2x zu ernten, anstatt zwei Sträucher mit unterschiedlichen Reifezeiten pflanzen zu müssen. Auch der Zierwert der zweimaltragenden Sorten ist natürlich deutlich verbessert: 2x Blüte und 2x Blau ist sicher besser als nur 1x…
Heidelbeerzüchtung bei Lubera®
Bild: Heidelbeer-Züchtung bei Lubera®
Bei Lubera sind wir erst vor einigen Jahren, also relativ spät in die Heidelbeerzüchtung eingestiegen. Wir konzentrieren uns im Wesentlichen auf nördliche, winterharte Vaccinium-Arten, und versuchen über neue Kombinationen verbesserte Hausgartensorten zu gewinnen. Wir sehen deutliche Fortschritte bei der frühen Reifezeit und bei der Qualität, aber auch bei den unterschiedlichen Wuchstypen. In der Verstärkung und Verbesserung des Remontierungscharakters – 2x tragende Sorten – sehen wir einen weiteren Schwerpunkt unserer Züchtungsanstrengungen. Hier haben wir unterdessen um die 50 Eltern mit solchen Eigenschaften selektioniert und sind bereits im zweiten und dritten Kreuzungsgang angelangt. Dauertragende und 2x tragende Heidelbeersorten werden Wirklichkeit werden! Dazu müssen sie aber in der ersten Ernte nochmals deutlich früher werden und die Nachblüte muss gleich nach der Ernte erfolgen. Genau dies sind die Selektionskriterien, die wir bei der Züchtung von remontierenden Heidelbeeren verfolgen und wo wir auch große Fortschritte machen.
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