In den letzten 10 Jahren hat sich eine Produktform der Beerenpflanze durchgesetzt, die bei sehr vielen Anbietern sehr ähnlich aussieht: Eine Pflanze im 2l-Container, meist akkurat aufgebunden, mit einem großen, mehr oder weniger auffälligen Etikett.
Dabei wird eigentlich nicht wirklich die einzelne Beerenpflanze, der einzelne Topf angeboten, sondern ein fix gemischtes Sortiment auf einem CC. Was man dann auf diesem CC findet, ist ziemlich oft eine Wundertüte, sicher viele Himbeeren, weniger Brombeeren, überraschend viele Heidelbeeren und dann all die anderen Strauchbeeren. Immer häufiger findet man auf diesem Mix-CC auch kleine Kiwipflanzen, Feigen, Maulbeeren und weitere Exoten. Wie ist diese Entwicklung zu beurteilen?
Die Standard-Beerenpflanze – Versuch einer objektiven Beurteilung
Natürlich hat die Standard-Beerenpflanze, die so entstanden ist, auch ihr Gutes: Einige Distributionskanäle, die vorher nicht oder nur wenig Beeren gekauft haben, haben diese Lücke mithilfe der Mix CC nun geschlossen. Ihre Einkäufer haben es nicht mehr mit einer unüberschaubaren Menge von Produkten zu tun, sondern eigentlich nur noch mit einem Produkt, der Einheitsbeerenpflanze, dem Einheitsbeeren-CC. Dies hat zweifellos zu einer Mengensteigerung geführt. Aber natürlich macht es diese Vereinheitlichung und Gleichmacherei auch nahezu unmöglich, Individualität und spezifische Werte herauszuarbeiten und dem Wiederverkäufer und allenfalls dem Endkunden zu vermitteln.
Das Einheitssortiment aus der Sicht der Baumärkte und des Lebensmitteleinzelhandels
Aus Sicht der Distributoren hat das Einheitsprodukt (kleine Beerenpflanzen auf CC) auch den Vorteil, dass alles vergleichbar ist. Produkt und Produzent sind weitgehend austauschbar. So lassen sich auch am einfachsten tiefe Einkaufspreise verteidigen. Ob am Ende dieser oder jener CC am Verkaufspunkt steht, ist kaum ausschlaggebend.
Das Einheitssortiment aus der Sicht des Pflanzenproduzenten
Das Einheitssortiment hat aus Sicht des Pflanzenproduzenten ganz sicher auch Vorteile. Der Einheitlichkeit am Verkaufspunkt entspricht die Gleichbehandlung in der Produktion. Es werden Sorten verschiedener Obstarten ausgewählt, die letztlich gleich kultiviert und verarbeitet werden können. Es gibt keinen gartenbaulichen Grund, eine Himbeere 2 oder 3x zurückzustutzen, als der verfügbare Platz auf dem CC. Diese Einheitlichkeit erleichtert aber auch die Produktion und deren Skalierung. An der Verkaufsfront ist aber der Spielraum des Pflanzenproduzenten sehr eingeschränkt. Er verkauft ja nicht mehr Sanddorn, Himbeeren, Feigen und Heidelbeeren, auch nicht Maulbeeren und Johannisbeeren, sondern schlicht und einfach Beerenpflanzen auf CC. Aus vielen Produkten wird ein Produkt. Das Verkaufsrisiko wird größer, wenn nicht alle CC abgerufen werden, bleibt schnell sehr viel übrig. Eine Wertstellung der einzelnen Pflanzen, von Besonderheiten und Spezialitäten, ist kaum möglich. Die Zahlungsbereitschaft des Kunden für eine schöne große überlebensfähige Feigenpflanze oder für einen Johannisbeerstrauch, der nächstes Jahr voll von Früchten sein wird, wird nicht ausgenutzt Was macht es für einen Unterschied, ob ich eine neue Himbeersorte wie die Schlaraffia®-Familie verkaufe, oder wenn ich einfach Willamette und Meeker auf den CC beige? Ach ja, das eine sind herbsttragende Himbeeren, das andere sind Sommerhimbeeren – aber auch das interessiert in der Wertschöpfungskette nicht immer…
Das Einheitssortiment aus der Sicht des Endkunden
Aus Sicht des Hobbygärtners, des Endkunden, gibt es sicher auch einige positive Dinge zu berichten, so werden dank der Beeren-CC an mehr Verkaufspunkten recht breite Beerensortimente verkauft. Auch über den Preis der Pflanzen kann er sich nicht beklagen, die beschriebenen Mechanismen halten den Preis tief, egal ob es eine 50 Jahre alte Himbeersorte oder eine besondere Feige ist. Aber in vielen Punkten ist das CC-Einheitsangebot nicht wirklich auf den Konsumenten ausgerichtet.
Oder macht es Sinn, eine 20cm hohe Minikiwi zu kaufen, die beim ersten Spätfrühlingsfrost zurückfrieren wird. Oder hat die Feige eine Überlebenschance, deren Trieb vielleicht gerade mal 1cm dick und auf 25cm zurückgeschnitten wird. Und wie lange muss der Kunde warten, bis er von den Johannisbeeren, Stachelbeeren und Heidelbeeren im 1l oder 2l Topf wirklich eine signifikante Ernte haben wird?
Fazit
Das Einheitssortiment an Beerenpflanzen auf dem CC hat zu einer deutlichen Mengenausweitung und zu einer besseren Verfügbarkeit der Beerenpflanzen auf dem Markt geführt. Ebenso ergeben sich aus der einheitlichen Produktion auch Effizienzvorteile. Aus Sicht des Pflanzenproduzenten und auch des Endkunden zeigen sich aber auch erhebliche Nachteile, vor allem wenn man sich fast ausschließlich auf dieses Einheitsprodukt beschränkt. Es ist deshalb gerade für Pflanzenproduzenten sehr wichtig, das Angebot in Sorten, Größen und Verwendungszwecken zu differenzieren, damit auch Spezialitäten und neue Sorten in Wert zu stellen und gleichzeitig die eigene Austauschbarkeit zu verringern.
Mögliche Maßnahmen
- verschiedene Sortimente in verschiedenen Größen anbieten
- weniger Sorten und Arten auf einem CC (falls möglich)
- separate Angebote von Pflanzen, die meist in größerer Zahl gepflanzt werden (Erdbeeren, Himbeeren, allenfalls Brombeeren einerseits und andererseits Pflanzen, die häufig einzeln gepflanzt werden wie Johannisbeeren, Stachelbeeren, Heidelbeeren
- wertvolle Spezialitäten wie Feigen und Maulbeeren, aber auch Kiwis, sollten wenn möglich nicht in die Einheitssortimente kommen…
Natürlich muss jeder Produzent hier seinen eigenen Weg finden. Im Gespräch mit dem Wiederverkäufer ist es wichtig, zu zeigen, dass man immer das Bedürfnis des Endkunden im Fokus hat. Aber der Leitspruch gilt für uns alle (auch für den Jungpflanzenproduzenten): Differenziert Euch!