Spricht man aktuell mit Berufskollegen und Marktteilnehmern, so hört man nur wenig erfreuliche Nachrichten: Die Nachfrage ist zusammengebrochen, die Pflanzen fliessen nicht ab und werden nicht nachgeordert. Natürlich spüren wir diese gedämpfte Stimmung auch im Verkauf der Jungpflanzen von Lubera Edibles. Wir wollen deshalb etwas tiefer graben, um genauer herauszufinden, wie es denn um die Nachfrage der Konsumenten steht. Sind sie viel weniger als in den Vorjahren an Beeren und Obstpflanzen interessiert? Haben sie allenfalls viele Einkäufe vorgezogen? Oder sind die Effekte, die wir in der Produktions- und Lieferkette spüren, letztlich vielleicht nur intern verursacht, eine Art verspäteter Schweinezyklus, der uns nun einholt.
Methoden der Untersuchung
Natürlich Haben wir nicht die Mittel, um eigene Konsumentenumfragen zu starten. Aber dank unserer Schwesterfirma Lubera mit ihrer Internetplattform Lubera.com stehen uns doch mehr Daten zur Verfügung, die es uns erlauben, vernünftige Hypothesen zu bilden und auch zu überprüfen. Wir gehen in unserer Untersuchung auch davon aus, dass online recherchiert und gesucht wird, gekauft wird dann aber zu 95% onsite, im Baumarkt, im Gartencenter und im Lebensmitteleinzelhandel. Hier stehen uns die Daten von Google zur Verfügung, die die monatlichen Suchvolumina für Suchbegriffe zeigen. Wir haben ein Set von ca. 30 Suchbegriffen benutzt, die wir jeweils generisch, aktivitätsorientiert und transaktional untersucht haben. Das tönt jetzt etwas kryptisch, kann aber ganz leicht an einem Beispiel veranschaulicht werden:
- A: Himbeeren, Himbeerpflanzen: generische, informationsorientierte Suchbegriffe
- B: Himbeeren pflanzen, Himbeeren anbauen: aktivitätsorientierte Suchbegriffe
- C: Himbeeren kaufen, Himbeerpflanzen kaufen: transaktionale Suchbegriffe
Bei A wollen die Konsumenten sich informieren, bei B wollen sie gärtnern, etwas unternehmen und bei C sind sie kurz vor dem Kauf. Leider stehen uns aktuell die Google-Daten für März noch nicht zur Verfügung, wir haben nur Zahlen bis Februar; umgekehrt können wir die aktuellen Daten von Lubera.com einsehen, die genauere Aussagen über die Entwicklung des Frühlings 2023 zulassen.
Wie gross ist der Einfluss von Covid – und wie wirkt(e) er sich aus?
Die eigentlichen Covid Peaks sieht man vor allem 2020, und da vor allem im März, April und Mai. Hier ist die Nachfrage (die Suche nach generischen, aktivitätsorientierten und transaktionalen Suchbegriffen zu Obst- und Beerenpflanzen) weit über das normale Mass hinausgewachsen – und zwar mit Spitzen, die bis zu 50% über dem normalen Durchschnitt pro Frühlingsmonat liegen. Ein Beispiel, hier aktivitätsorientiert ausgerichtet:
Google-Suchen nach ‘Himbeeren pflanzen’:
Jahr | Anzahl Suchen |
April 2019 | 9.150 |
April 2020 | 16.700 |
April 2021 | 11.100 |
April 2022 | 9.150 |
Das Beispiel ist ziemlich typisch für die Entwicklung der Suchvolumina der meisten untersuchten Begriffe: Das Jahr 2020 zeigt die grössten Spitzen, 2021 findet schon eine weitgehende Normalisierung statt, die sich 2022 noch etwas weiter entwickelt. Der grosse Einbruch der Suchvolumina findet aber von 2020 auf 2021 statt und nicht von 2021 auf 2022.
Man kann wohl generell feststellen, dass wir in der Produktions- und Vermarktungskette dies alles etwa ein Jahr verspätet festgestellt haben. Dieser Verspätungseffekt hängt wohl weitgehend mit der Verarbeitung der Marktdaten und der nachhinkenden Entwicklung der Produktion zusammen. Unser Pflanzen kommen ja systembedingt 1-2 Jahre nach der Wahrnehmung der Marktdaten auf den Markt. Es ist generell schwierig, das zu beschleunigen…
Insgesamt sind wir wohl wieder bei einer normalen Nachfrage angelangt – dies ist auf der Konsumentenseite weitgehend seit 2021 der Fall, gespürt und wahrgenommen haben wir es im Frühling 2022.
Wie wird das Frühjahr 2023 – gemäss den Google Zahlen
Auch hier sind in Kollegengesprächen eher negative Einschätzungen zu hören. Auf Konsumentenebene stellen wir bei einem breiten Keywordset eigentlich nur Normalität auf dem Niveau von 2022 fest. Die Abweichungen zum Vorjahr 22 sind klein, und schlagen mal leicht nach oben oder unten aus. Die grundsätzliche Nachfrage nach Obst- und Beerenpflanzen, wie sie sich in Google-Suchen zeigt, ist stabil. Wie gesagt liegen uns die Zahlen für März 2023 aber noch nicht vor.
März und Erste Hälfte April – das liebe Wetter
Grundsätzlich bin ich bei der Suche nach Wettergründen für Marktprobleme eher zurückhaltend und meistens skeptisch. Es ist aber so, dass der Einfluss des Wetters grundsätzlich im Frühling am grössten ist. Die Gartenplattform Lubera.com hat Februar 2023 bis Mitte April 2023 ungefähr die gleiche Sichtbarkeit bei Google wie im Vorjahr, aber die Besucherzahlen und auch die Verkaufszahlen sind weitgehend unter Vorjahr: KW 6 bis KW 13 zeigt sich frequenzseitig eine Baisse von 10 bis 30% unter Vorjahr. Der Absatz hat sich entsprechend entwickelt: in CH -5%, in De -15% und in A sogar -20%.
Trotz noch immer bescheidenem Wetter scheint sich aber jetzt die Frühlingsgefühle auch bei den Konsumenten durchzusetzen und nehmen auch kaum mehr Rücksicht auf das Wetter: Seit Woche 14 bewegen sich die Traffic-Zahlen und auch die Umsätze deutlich über Vorjahr. Ein Rätsel stellt Österreich dar, das deutlich hinter Deutschland und der Schweiz hinterherhinkt, irgendwie sind hier die Nachwirkungen des Winters immer noch zu spüren, aber ganz erklären lassen sich die schlechteren Zahlen hier nicht.
Folgerungen für Produktion und Handel
- Es gibt aktuell keinen Einfluss mehr, der auf vorgezogenen Konsum in den Vorjahren und auf Covid zurückzuführen wäre. Diese Effekte sah man allenfalls 2021 und 2022. 2021 waren sie wohl am Markt noch zu wenig sichtbar, weil ein starkes und breites Angebot auf eine immer noch gesunde Nachfrage stiess. Im Suchverhalten und im Onlineverhalten der Konsumenten war die Normalisierungsbewegung aber spätestens seit Sommer 2021 deutlich sichtbar.
- Auch ein genereller Einfluss der Wirtschaftslage und der schwindenden Kaufkraft ist nicht festzustellen. Allerdings ist der Preisfestsetzung mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Hier tut man gut daran, eher die Intransparenz zu fördern, und die Konsumente von Zeit zu Zeit mit überraschenden und auch sehr günstigen Angeboten zu überraschen. Mit dieser Strategie sind auch höhere Preise (aber eben nicht durchgehend) möglich. Wir stellen auf Lubera.com fest, dass die bei uns angebotenen Wochendeals (wöchentlich angebotene, immer aus mehreren Pflanzen bestehenden Bündel mit einem harten Preisnachlass) bis zu 50 % besser verkaufen als in den Vorjahren.
- Die Nachfrage nach Obst- und Beerenpflanzen ist insgesamt stabil. Bei allen Wetterkapriolen bewegt sie sich auf dem Niveau von 2019 oder sogar leicht darüber.
- Bei einer grundsätzlich stabilen Nachfrage ist Wachstum nur möglich dank neuer, innovativer und auf die Konsumentennachfrage abgestimmter Angebote. Einfach mit dem Markt mitzuschwimmen (dazu noch mit 1-2 Jahren Verspätung) reicht nicht mehr. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Wer wachsen will, muss Marktanteile gewinnen.
- Die aktuell häufig zu sehende Tendenz, sich auf das Einfache und Bekannte, auf Standartangebote zu konzentrieren führt tendenziell eher zu Marktanteilsverlusten.
- Die Nachfrage nach Obst- und Beerenangeboten ist im Jahresverlauf viel kontinuierlicher als das effektive Angebot vor allem im Baumarkt und im Lebensmitteleinzelhandel. Bei Gartencentern sieht das sicher etwas besser aus. Dennoch tun Produktion und Handel gut daran, auch andere und tendenziell spätere Angebotsfenster, eher April und Mai als Februar und März auszuwählen. Auch der Sommer bietet für Obst- und Beerenpflanzen ungeahnte Möglichkeiten. Wir werden in einer speziellen Untersuchung in einem späteren Artikel darauf eingehen.
- Der in der Reaktion auf Covid deutlich zutage getretene systematische Verspätungseffekt ist vor allem bei starken Marktbewegungen ein Problem. Es ist unser Bestreben bei Lubera Edibles (und in unserem Newsletter), hier möglichst auch zeitnahe Informationen zu liefern.