Eigentlich weiss niemand so richtig über die exakte Nachfrage nach Beerenpflanzen Bescheid. Der Markt ist zu klein, als dass sich eine statistisch auswertbare Umfrage lohnen würde. Indem wir für diese kleine Studie die Verkaufszahlen unserer online-Schwesterfirma Lubera.com auswerten, können wir wichtige Einsichten in die natürliche Nachfrage nach Beerenpflanzen gewinnen
Die natürliche Nachfrage - was ist das?
Der Begriff ‘natürliche Nachfrage’ hat es in sich, da fragt man sich ja sofort, was denn eine unnatürliche Nachfrage wäre… Mit dem Begriff möchten wir einfach darauf hinweisen, dass sehr viele Verkaufszahlen in diesem Pflanzen-Nischenbereich nicht etwa die Nachfrage spiegeln, sondern schlicht und einfach vom Angebot getrieben sind. Wenn eine Baummarktkette 2x im Jahr einen Beerenmischcontainer aufstellt, so werden die Verkaufszahlen am Ende genau dieses Angebot spiegeln, allenfalls kann man bezüglich der Abverkaufsgeschwindigkeit und der Restanten noch einig Rückschlüsse auf die Reaktion des Publikums machen.
Die Natürliche Nachfrage meint das, was Konsumente in einem grossen geographischen Raum (DACH) über 12 Monate an Beerenpflanzen nachfragen.
Die Herkunft der Zahlen zur natürlichen Nachfrage nach Beerenpflanzen
Wie schon in früheren ähnlichen Untersuchungen greifen wir auf die Zahlen unserer Schwesterfirma Lubera.com zu, die online im Dachraum Pflanzen verkauft. Das Spannende und Aussagekräftige dabei besteht darin, dass das Angebot übers Jahr sehr breit (sehr viele Arten, Sorten) und auch sehr konstant ist. Man könnte auch etwas maliziös, aber durchaus zutreffend argumentieren, dass das Angebot bei Lubera.com fast immer die Nachfrage leicht überschiesst – gerade deshalb kann man hier ein gutes Bild der natürlichen Nachfrage gewinnen. Selbstverständlich gibt es auch einzelne Promotionen, aber die betreffen übers Jahr fast alle Obstarten. Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass bei einem Spezialisten wie Lubera ganz anders eingekauft würde als beispielweise bei einem Pflanzencenter. Aber Lubera.com bietet Obst und Beeren inmitten eines allgemeinen Pflanzensortiments mit mehr als 6000 Artikeln an, das heisst hier sind nicht nur die Früchte-Nerds unterwegs. Zusätzlich sind die Zahlen auch deshalb gut auswertbar, da es sich nicht um wenige zufällige Pflanzenkäufe handelt, übers Jahr landen bei Lubera.com über 150 000 Bestellungen.
Die Verteilung der verkauften Beerenpflanzen nach Arten
Wenn man die gesamten Beerenverkäufe (immer Anzahl Pflanzen) über 12 Monate zusammenzählt und die prozentuale Aufteilung der Verkäufe berechnet, so ergibt sich folgendes Bild:
Grafik: Aufteilung der Verläufe nach Beerenarten
Bei den Johannisbeeren haben wir Josta dazugezählt. Unter Wildobst verstehen wir strauchartig wachsende Pflanzen mit beerenartigen Früchten, die in der Regel nur wenig züchterisch bearbeitet wurden und die auch im Garten seltener vorkommen, häufig auch erst seit wenigen Jahrzehnten. Wir haben folgende Obstarten zum Wildobst gezählt: Oelweiden (vor allem unsere Pointilla® Sorten), Felsenbirnen (vor allem die Saskatoon-Sorten), Aronia, Holunder, Honigbeeren/Erstbeeren/Maibeeren, Sanddorn und Strauchkirschen, die wir ja auch strauchartig anbieten und als Sträucher angebaut werden sollen (nicht als Bäume).
Der absolute Bestseller: Himbeeren
Man sieht auf den ersten Blick eine der Besonderheiten (vielleicht auch eines der Probleme) der Beerenkategorie: Die absolute Dominanz der Himbeeren. Wenn man noch die anderen Cane-Berries (so nennen die Amerikaner Brombeeren und Himbeeren) dazuzählt, so umfassen sie deutlich mehr als die Hälfte der Nachfrage. Nicht nur ist die Kultur der Himbeeren und Brombeeren mit dem zweijährigen Zyklus der oberirdischen Triebe ganz anders als bei den holzigen Kleinsträuchern der übrigen Beeren, sie werden meist auch nicht alleine oder zu zweit gepflanzt, sondern in eine Himbeerreihe kommen schon 3-10 Pflanzen. Berücksichtigt man dieses Einkaufsmuster und die absolute Menge der Himbeeren, ist es sicher sinnvoll, Himbeeren und Brombeeren eher in kleineren Töpfen anzubieten (12er, 1l, 2l), aber das für den aktuellen Markt typische Angebot auf einem CC mit allen andere Beeren und auch noch einigen weiteren Obstsorten wie Feigen, Kiwi etc. muss man schon hinterfragen.
Jeder Leser muss hier natürlich für seine Produktion, für seine Abnehmer und deren Kunden seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen, aber bei Himbeeren und Brombeeren lohnt sich sicher eine kontinuierliche Angebotsstruktur. Wahrscheinlich wäre auch ein CC/Aktionsware nur mit Himbeeren oder sonst zusammen mit einer ebenfalls sehr häufig gekauften Obstart wie Erdbeeren sinnvoller als der ‘Alles in einem’-Container.
Heidelbeeren auf dem zweiten Platz
Es ist wohl für alle Leser keine Überraschung, Heidelbeeren auf dem sicheren zweiten Platz zu sehen, etwa 20% über den Johannisbeeren. Der Aufstieg der Heidelbeeren scheint unaufhaltsam. Trotzdem fallen mir einige Dinge auf:
- Gefühlt werden Heidelbeeren in CC-Angeboten weit überproportional zu diesen Zahlen angeboten - und wohl auch verkauft. Sie sehen ja auch fast das ganze Jahr schön aus. Nach der Blüte kommen die Früchte, dann die roten Herbstfärbung und im Winter die grünen bis roten Triebe..
- Auch wir stellen bei Lubera.com fest, dass Promotionen oder Wochendeals mit Heidelbeeren meist doppelt so gut verkaufen wie ähnliche Angebote mit Johannisbeeren. Der Grund könnte darin liegen, dass das im Supermarkt unterdessen permanente Heidelbeerangebot auch mehr Nachfrage nach Sträuchern triggert. Dagegen wäre ja eigentlich nichts zu sagen…
- Aber funktioniert auch im Garten, was im Verkauf offensichtlich so reibungslos läuft? Niemand wird mir weismachen wollen, dass die Mehrzahl der Heidelbeeren, die von einem gemischten Beeren-CC gekauft werden, auch wirklich in ein funktionierendes Moorbeet gepflanzt werden. Das Absehbare Torfverbot wird dies eher noch schwieriger machen… Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass der Verkauf ja funktioniere, aber der Kategorie Beerenpflanzen und damit dem ganzen Markt erweist man mit einem Produkt, dass im Garten massenhaft scheitert, keinen wirklichen Dienst. Nur gut, dass die meisten Hobbygärtner den Fehler bei sich selber suchen (ja da liegt er ja auch…) und sich nach 12 oder 24 Monaten Heidelbeer-Berieselung im Supermarkt bald wieder für den nächsten Pflanzenkauf entscheiden: Probieren wir’s noch mal! Wie lange kann das gutgehen?
Gäbe es Alternativen, um die süssen dicken Blauen nachhaltiger im Garten zu etablieren: Ich beschränke mich hier auf einige Ideen mit Stichworten:
- Differenzierung des Angebots und auch der CC-Mixes mit grossen und kleinen Pflanzen, dazu mit anderen Moorbeetpflanzen wie Cranberries.
- Separate Heidelbeer-CCs und Angebote machen die Information des Kunden am POS einfacher
- Wäre eventuell ein Mix mit Moorbeetzierpflanzen möglich?
- Propagierung der Heidelbeere als ideale Topf-Beerenpflanze
Achtung: Johannisbeeren nicht vernachlässigen
Für mich eine Überraschung war das gute Abschneiden der Johannisbeeren (rot, rosa, weiss, schwarz). Mit dem breiten Angebot und vor allem auch mit neuen grossfrüchtigen Sorten wie Black Marble (1.5-2cm Durchmesser), die auch einzelbeerenweise wie Heidelbeeren gesnackt werden können und die sehr süss und aromatisch sind, kann für die Johannisbeeren ein neuer Markt erschlossen werden. Wenn wir Freunde, Bekannte oder auch mal eine Besuchergruppe in die Züchtung führen und sie dort neue schwarze Johannisbeeren oder die rote Johannis beere Ribest® Lisette® mit ihren grossen Früchten essen lassen, hören wir nur überraschtes Lob. Wenn ich aktuelle CC-Mixe anschaue, sind Johannisbeeren meist eher unterrepräsentiert, ca. nur die Hälfte der Heidelbeerpflanzen, ob wohl die Nachfrage ganz nah bei den Heidelbeeren liegt…
Noch etwas: Bei allen echten Strauchbeeren (mehrjährige verholzte Sträucher) werden im Gegensatz zu den Himbeeren einzelne oder nur wenige Pflanzen gepflanzt. Das erhöht die Zahlungsbereitschaft pro Pflanze. Aich gibt es einen signifikanten Unterschied bei der Ertragshöhe und beim Ertragseintritt, ob ich eine Johannisbeere 1 jährig im 1l topf kaufen, der aber einen Strauch im 4l oder 5l Topf. Der letztere wird sofort viele Früchte tragen, beim ersteren muss man noch einige Jahr warten - unter der Voraussetzung, dass sich die kleine Pflanze gegen das Beikraut durchsetzt😉 Ich würde hier also raten, eher hochwertigere Pflanzengrössen zu verkaufen.
Stachelbeeren- Eine Obstart auf dem absteigenden Ast
Der Marktanteil der Stachelbeeren sinkt und sinkt. Das lässt sich auch persönlich feststellen: Als unser Sohn Lukas diesen Sommer einige branchenferne Freunde stolz durch unsere Kulturen führte und ihnen seine Lieblingsbeere, eben die Stachelbeere zu probieren gab, hatte keiner der auf dem Lande aufgewachsenen Freunde je eine Stachelbeere gegessen…
Was sind die Probleme bei der Stachelbeere?
Immer noch die Resistenz gegen amerikanischen Stachelbeermehltau, die eben absolut sein müsste wie bei den neueren schwarzen Johannisbeeren; die Dornen gerade bei den grossfrüchtigen Sorten (die dornenarmen Sorten sind meist kleiner); dann neuerdings auch das Klima, bei einem offenen und reichtragenden Stachelbeerstrauch kommt es aktuell häufig im Hochsommer, im Juni zu Sonnenbranderscheinungen. Zukunftssicher Stachelbeeren müssten also resistent, dornenlos, grossfrüchtig und dicht sein… Ob das der Züchtung bei den Stachelbeeren gelinge kann, wo wir in Westeuropa aktuell fast alleine an dieser Obstart arbeiten? Aber neue bessere Sorten sind der einzige Weg, um der Stachelbeere und uns einen Markt zu erhalten, der eben schon reizvoll wäre: Die Stachelbeere ist und bleibt die mit Abstand grösste Einzelfrucht bei den Beeren (wenn wir mal von der Riesenerdbeeren absehen) und hat das Potential, den ganzen Mund zu füllen und süss-sauer-saftig alle Geschmacksrezeptoren zu aktivieren.
Das Überraschungsresultat: Wildobststräucher
Die Wildobststräucher sind die Überraschung in dieser Beerennachfrage-Übersicht aus Vogelperspektive: Wir verkaufen auf Lubera.com fast genau so viele Wildobststräucher und Wild-Beerensträucher wie Johannisbeeren Dass wir dabei Ölweiden (Pointillas®), Felsenbirnen, Aronia, Holunder, Honigbeeren/Erstbeeren, Sanddorn und Strauchkirschen dazugezählt haben, ist ja durchaus mit der Situation bei den Johannisbeeren zu vergleichen, da ja hier auch schwarze, weisse, rosafarbene und schwarze Johannisbeeren zusammenkommen.
Warum der relative Erfolg der Wildobststräucher-Kategorie: Offenbar scheinen das Gesundheitspotential, aber auch der informelle Charakter der naturnahen einfachen Kultur gut zur Kundengesinnung zu passen: Wildobststräucher kann man ernten, muss man aber nicht ernten, wenn gerade die Zeit fehlt… Auch kommt bei vielen Wildobststräuchern der Zierwert hinzu. Vor allem wenn man echte Strauchbeerensortimente (ohne Himbeeren und Brombeeren) zusammenstellt und wenn man etwas wertigere Topfgrössen wählt, gehört ein Wildobstmix unbedingt dazu.
Noch eine kleine Vorausschau in die Aufschlüsselung der Wildobststräucher auf die einzelnen Arten:
Grafik: Aufteilung der Wildobstverkäufe nach Arten
Die mit Abstand bestverkaufenden Arten, je auf dem Niveau der Stachelbeeren, sind die Eleagnus (die frühen und späten Pointillas®) und die Felsenbirne (Saskatoon-Beeren). Das mag damit zusammenhängen, dass wir bei beiden eigene Sorten anbieten, aber das machen wir (Lubera Edibles und Lubera.com) ja bei allen Strauchbeeren ebenfalls. Ölweiden und Felsenbirnen haben mit ihrem hohen Zierwert und mit den gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen ihrer direkt essbaren Beeren offenbar ein deutlich grösseres Potential als andere Wildobstarten wie Holunder. Sanddorn und auch Erstbeeren.