Wie genau sollte ein Kiwi-Sortiment zusammengesetzt sein? Oder noch wichtiger und genauer: Welche Kiwipflanzen werden von den Hobbygärtnern wirklich nachgefragt? Diese Frage versuchen wir in diesem Artikel aufgrund der effektiven Konsumentennachfrage genauer zu beantworten.
Das Problem: Jungpflanzenbetriebe und Produzenten kennen ihre Endkunden nicht…
Wir als Jungpflanzenbetrieb, aber auch die meisten unserer Kunden, die Pflanzenproduzenten kennen den Endkunden praktisch nicht. Die Nachfrage, die wir erleben, ist nicht diejenige der Endkonsumenten, sondern im besten Falle diejenige unserer (grössten) Abnehmer, der Gartencenter, Gartencenterketten und Baumärkte und ihrer Einkäufer. Diese wiederum erfüllen nur bedingt die echte und kontinuierliche Nachfrage der Hobbygärtner, weil sie vielfach nur ein beschränktes Sortiment anbieten, und dieses auch nur in bestimmten Zeitspannen im Jahr. Dazu kommt der mengenmässig bedeutende, wenn nicht sogar dominierende Einfluss der Beerensammelsortimente im März und April – die letztlich einfach abverkauft werden und deren Zusammensetzung mehr von Intuition und Gefühl gesteuert wird als von effektiven Marktzahlen…
Trotz dieser unsicheren Situation und trotz der grossen Bedeutung der Wiederverkäufer (die letztlich das Angebot bestimmen) wäre es sicher wünschenswert, die Angebote am POS möglichst nahe an die effektive Kundennachfrage anzupassen….
Die Lösung: Auswertung der Verkaufsdaten von Lubera.com
Natürlich können auch wir bei Lubera Edibles nicht zaubern – und wir haben jetzt auch nicht die Mittel, eine umfassende Kundenumfrage zu Kiwi zu veranstalten. Aber wir haben in unserer Firmengruppe den online-Pflanzenverkäufer Lubera.com. Lubera.com bietet 12 Monate im Jahr ein breites und umfassendes Kiwi-Sortiment an. Die Verkaufszahlen und das Verhältnis der Verkaufszahlen verschiedener Kiwi-Sorten und Arten müssten eigentlich ein gutes Bild der effektiven Nachfrage ergeben. Dies kann auch uns bei Lubera Edibles und unseren Kunden, den Pflanzenproduzenten helfen, das Angebot näher an die natürliche Nachfrage anzupassen.
Natürlich ist der Einwand der Pflanzenproduzenten mehr als berechtigt, dass ihre Kunden ja nicht die Endkonsumenten, sondern die Einkäufer der Wiederverkäufer seien. Aber unsere kleine Studie zur natürliche Kiwi-Nachfrage bietet genau hier die Möglichkeit, den Verhandlungspartner auf eventuell abweichende Nachfragen hinzuweisen und mit neuen Ideen zu versorgen. Nochmals: Tendenziell kann sicher besser verkauft werden, wenn das Angebot genauer der Nachfrage entspricht…
Die Basis: Das Zahlenmaterial von Lubera.com
Lubera.com verkauft pro Jahr zwischen 6.000 und 10.000 Kiwipflanzen an Endkonsumenten. Damit der Jahreseinfluss nicht zu stark ist und damit sich eine kurze Nichtverfügbarkeit einer Sorte nicht allzu stark auswirkt, haben wir die Zahlen aus 2021 und 2022 zusammengezogen.
Zu beachten ist auch, dass Lubera.com Kiwi ausschliesslich im 5 Liter Vierecktopf verkauft, also keine kleineren Pflanzen im 2 Liter oder 3 Liter oder noch kleiner anbietet. Aber letztlich will der Konsument, der eine Kiwi-Pflanze kauft, ja nicht wirklich eine Pflanze kaufen, sondern am Ende auch Früchte ernten. Es ist also anzunehmen, dass die Nachfrage nach kleinen Pflanzen sich ähnlich aufteilt wie diejenige nach den grösseren Pflanzen.
Das Nachfrageverhältnis von klassischen Kiwi vs. Minikiwi vs. Sommerkiwi (A. kolomikta)
Grundsätzlich und aufgrund unserer Erfahrung (die aber wie gesagt begrenzt ist, weil wir keinen Kontakt zum Endkunden haben)a würden wir davon ausgehen, dass die klassischen Kiwi deutlich beleibter sind als die Minikiwi. Die grossfrüchtigen Kiwi treffen wir wöchentlich und übers ganze Jahr im Supermarkt an, wir sehen sie vor unserem geistigen Auge, wenn wir an Kiwi denken. Die folgende Grafik zeigt nun aber das Verhältnis der natürlichen Nachfragen nach den Kiwi-Gruppen:
Bild: Verkäufe aufgeschlüsselt nach verkauften Actinidia-Arten
Hoppla, da hat sich unser Gefühl ganz offensichtlich getäuscht. Lubera verkauft an Endkonsumenten ca. doppelt so viele Minikiwi wie klassische Kiwi. Die Sommerkiwi, die fruchttragenden und schon im August reif werdenden Actinidia kolomikta sind bisher weitgehend unbedeutend. Aber den Minikiwi, mit ihrer besseren Winterhärte, mit den wunderschönen direkt essbaren Früchten und mit ihrer Diversität ist es ganz offensichtlich gelungen, einen grösseren Platz im Pflanzenhorizont der Hobbygärtnerinnen zu erobern.
Gemäss der sich in diesen Zahlen spiegelnden natürlichen Nachfrage müssten also doppelt so viele Minikiwi wie klassische Kiwi angeboten werden. Dafür braucht es dann aber auch ein breiteres Sortiment. Eine weiblichen Sorte, eine männliche Sorte und dazu noch eine selbstfruchtbare Varietät reichen nicht..
Wie verteilt sich die Nachfrage auf die klassischen Kiwi?
Schauen wir uns nun die klassischen grossfrüchtigen, aber pelzigen Kiwi etwas genauer an:
Bild: Verkäufe der klassichen Kiwi (Actinidia deliciosa), aufgeschlüsselt nach Geschlecht der verkauften Sorten
Auffällig ist die relative Minderbedeutend der selbstfruchtbaren Kiwi. Dies könnte allerdings auch darauf zurückzuführen sein, dass Lubera.com ausdrücklich darauf hinweist, dass die Kiwi-Paare deutlich besser und zuverlässiger funktionieren als die selbstfruchtbaren Sorten, die letztlich darauf angewiesen sind, dass der Fruchtansatz ohne Befruchtung (Parthenokarpie) erfolgreich ist. Aber auch mit dieser Einschränkung zeigt die Auswertung, dass es mithilfe der am POS gelieferten Informationen sehr wohl möglich wäre, den Kauf klassischer Kiwi eher auf den Kauf eines Pflanzenpaars zu lenken. Immerhin verkaufen wir dann da zwei Pflanzen anstatt nur eine.
Das Verhältnis weiblich/männlich ist nicht sehr weit entfernt von 1:1. Wohl aufgrund des Platzbedarfs einer klassischen Kiwi-Pflanze gelingt es hier nicht, mehr weibliche Pflanzen zu einem Männchen zu verkaufen. Das könnte eventuell mithilfe eines differenzierteren Angebots verschiedener grossfrüchtiger klassischer Kiwi-Sorten verbessert werden, die aber einen klaren und auch gut kommunizierbaren USP haben müssen (frühreifend, noch winterharter, kompakt wachsend).
Wie verteilt sich die Nachfrage auf die Minikiwi/Traubenkiwi?
Nochmals die Erinnerung an die erste Grafik: Wir verkaufen bei Lubera.com doppelt so viele Arguta wie Deliciosa, obwohl wir beide Arten kontinuierlich anbieten und auch nicht gross gegeneinander ausspielen. Natürlich erwähnen wir bei Arguta die sehr gute absolute Winterhärte, die relativ frühe Reifezeit und auch der schnelle Ertragseintritt nach 2 Jahren (gegenüber 3 – 4 Jahren bei den deliciosa). Wie aber sieht nun die Aufteilung der Verkäufe bei den Minikiwi selber aus?
Bild: Verkäufe der Mini-Kiwi oder Kiwibeeren (Actinidia arguta), aufgeschlüsselt nach Geschlecht der verkauften Sorten
Ganz offensichtlich kommen hier die selbstfruchtbaren Sorten (Super Issai vor allem) besser an und machen einen Viertel der Nachfrage aus. Interessant ist aber auch das Verhältnis verkaufter männlicher und weiblicher Kiwi-Sorten: Hier ist es nicht 1:1 wie bei den grossfrüchtigen Kiwi, sondern 1:2. Hier gelingt es offensichtlich, mehr weibliche Kiwi zu einem Männchen zu verkaufen, mathematisch und durchschnittlich ca. zwei. Bei den Minikiwi werden also – wenn man die selbstfruchtbaren Kiwi mal ausschliesst - meist 3 Pflanzen in den Warenkorb gelegt, was nochmals das Interesse an dieser Pflanzenkategorie verstärken sollte.
Dass dies möglich ist, hängt sicher damit zusammen, dass wir bei Lubera.com ein sehr vielfältiges Minikiwi-Angebt anbieten können, das eventuell vielleicht sogar zu gross ist. Entscheidend ist, dass in einem diversifizierten Minikiwi-Angebot die USP, die Unterscheidungspunkte, möglichst klar herausgearbeitet werden. Je mehr solche Hauptargumente eindeutig mit einzelnen Sorten verbinden sind, desto mehr Pflanzen kann man verkaufen. Viele Kunden sind auch Sammler, sie möchten alles haben, wenn deutliche Vorteile damit verbunden sind: die am frühesten reife Sorte, die grösste Sorte, die am kompaktesten wachsende Sorte, allenfalls eine neue Fruchtfleischfarbe, der beste Geschmack etc. Gleichzeitig muss auch gezeigt werden, wie man den Platzbedarf einer Traubenkiwisorte klein halten kann (Pfahlerziehung).
Die folgende Grafik zeigt denn auch das Verhältnis der verkauften grünfleischigen und rotfleischigen Minikiwi-Sorten, was wohl die wichtigste Unterscheidung im Sortiment ist
Bild: Verkäufe der Mini-Kiwi oder Kiwibeeren (Actinidia arguta), aufgeschlüsselt nach Fruchtfarbe der verkauften Sorten
Das Verhältnis rot zu grün beträgt 1:1. Das heisst in die Praxis übersetzt, dass in einem Minikiwi-Sortiment mindestens immer eine rotfleischige und eine grünfleischige Sorte angeboten werden muss, und dass sich dieser Farbunterschied auch überdeutlich auf der Etikette zeigen muss. Eventuell kann man den Verkauf noch weiter ausweiten, wenn man zusätzliche Argumente und USP einzelner Sorten herausstellt, wie wir es bereits wieter oben angetönt haben.
Schlussfolgerungen: Was bedeutet das für die Sortimentsplanung?
Letztlich können wir folgende Schlussfolgerungen aus der Auswertung der Lubera.com-Verkäufe ziehen. Diese wiederum können sowohl für die Gestaltung des eigenen Sortiments, aber vor allem auch für die Gespräche mit den Pflanzenwiederverkäufern und den Einkäufern genutzt werden:
- Es werden mehr Minikiwi als klassische Kiwi nachgefragt.
- Bei den klassischen Kiwi funktioniert der Verkauf der selbstfruchtbaren Sorten nicht sehr gut, offenbar haben sich hier schlechte Erfahrungen herumgesprochen.
- Umgekehrt besteht die Chance, bei den klassischen Kiwi mehr weibliche Sorten zu verkaufen, wenn sie klare USPs bieten, die sich von Hayward unterscheiden.
- Die selbstfruchtbaren Sorten bei den Minikiwi funktionieren gut, jedenfalls besser als bei den grossfrüchtigen Kiwi.
- Dennoch werden deutlich mehr Weibchen/Männchen verkauft. Hier gelingt es darüber hinaus, durchschnittlich 3 Pflanzen zu verkaufen. Warum soll der Konsument nicht auch gleich zwei Minikiwi-Weibchen pflanzen, wenn er schon eine Befruchterpflanze hat…
- Für den erfolgreichen Verkauf von Minikiwi ist es entscheidend, dass das Sortiment klare USP bietet, die den Hobbygärtner dazu bewegen, mehrere Pflanzen zu verkaufen. Der Wichtigste USP ist sicher rotfleischig vs. grünfleischig. Aber es sind zusätzliche USPs denkbar und auch mit passenden Pflanzen zu verbinden wie frühe Ernte, grosse Früchte, Geschmack etc.