In der Pflanzenbranche lehnen wir uns gerne wohlig und zufrieden zurück, wenn wir vom demographischen Wandel hören. Der kann uns ja nichts anhaben… Ältere Menschen kaufen zunehmend oder zumindest stabil Pflanzen…. Aber stimmt dieses Vorurteil wirklich?
Der demographische Wandel – Eine Erinnerung
Der demographische Wandel hin zu einer Altersgesellschaft, in der die älteren Bevölkerungsgruppen die Mehrheit haben, ist zwar ein Gemeinplatz – aber entgeht doch gerne unserem Bewusstsein. Müssen wir das wirklich wissen? Haben wir das nicht schon x-fach gehört. Ein Teil dieser fast instinktiven Abneigung gegenüber demographischen Hiobsbotschaften scheint vielleicht gerade darin begründet zu sein, dass wir alle ja auch laufend älter werden… Und dass wir das vielleicht nicht ganz so gerne hören?
Angesichts dieser Verdrängungsmechanismen sei also die Botschaft von der Bevölkerungsänderung hier nochmals wiederholt, und zwar für Deutschland:
- 1970 waren ca. 8% der Bevölkerung über 70 Jahre alt
- 2023 sind knapp 16 % der Bevölkerung über 70 Jahre alt
- 1970 waren knapp 30% der Bevölkerung unter 20 Jahre alt
- 2023 sind ca. 18,5 % der Bevölkerung unter 20 Jahre alt
Welche Altersgruppen kaufen wie viele Pflanzen?
Bei Lubera.com haben wir ca. 30 000 Warenkörbe aus 2023 untersucht, von deren Käufern wir Altersangaben hatten. Das Resultat ist eigentlich nicht sehr überraschend. Es sind sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz die 50-60 Jährigen, die den größten Anteil am Pflanzengesamtumsatz haben. Es kann vermutet werden, dass im stationären Pflanzenhandel die Anteile der älteren Käufer tendenziell noch grösser wären.
Grafiken: Umsatzverteilung in Deutschland und in der Schweiz - aufgeschlüsselt nach Altersgruppen
Die Kurven verlaufen in D und CH ganz ähnlich. Allerdings sind in der Schweiz die jüngeren Altersgruppen (30-50) schon deutlich wichtiger als in D, während in Deutschland relativ noch mehr Ältere Pflanzen kaufen.
Insgesamt entsprechen die Resultate den Erwartungen des gesunden Menschenverstands: Ganz junge Menschen kaufen noch kaum Pflanzen, der Pflanzenkauf beginnt mit Familiengründung, mit einer größeren Wohnung oder mit dem Bau eines Hauses und kulminieren im Alter von 50-60, wo man sowohl genügend Platz (Garten) als auch genügend Zeit fürs Gärtnern findet. Die Karriereziele sind erreicht oder werden konsolidiert, die Kinder gehen aus dem Haus und werden durch mehr Gartenaktivität und/oder Haustiere ersetzt…
Ab 70 hört der Pflanzenkauf auf…
Natürlich ist es schön und auch beruhigend, dass die 40-70 Jährigen insgesamt ca. 70% unserer Pflanze kaufen. Aber dennoch dürfen wir uns auf dieser Nachricht nicht ausruhen: Denn von unten, aus den jüngeren Altersgruppen kommen immer weniger Menschen nach und über 70 Jährige hören ziemlich abrupt mit dem Pflanzenkauf auf: Da ist gefühlt wohl zu wenig Zukunft, in die man Pflanzen investieren möchte. Da ist weniger Bedarf für Obst und Gemüse, und da sind immer mehr auch diese oder jene Gebrechen, die zur Einschränkung des Gartenhobbys führen. Etwas zugespitzt könnte man formulieren: Ab 70 hört der Pflanzenkauf auf, dafür hält der Gartenbauer mit Service und Unterhalt Einzug. Und der Gartenbauer pflegt bei älteren Kunden und ihren gewachsenen Gärten bestehende Pflanzungen und pflanzt nur wenig Neues…
Folgen für das Pflanzenmarketing
Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich an, deshalb kann man sich mit Fug und Recht auch fragen, ob die Klasse der wichtigsten Pflanzenkäufer nicht eventuell 10 Jahre nach oben verschoben werden kann. Dafür wird es spezielle maßgeschneiderte Angebote brauchen, die bewusst auf die Situation der älteren Gärtnerinnen eingehen:
- größere fertige Pflanzen statt günstige Jungpflanzen
- passende Bundleangebote, z.B. für die Bepflanzung des Hochbeets
- kombinierte Angebote dem und für den pflegenden Gartenbau: Saisonale Pflanzensets, neue Früchte für nächstes Jahr, sofort zu ernten
- gesunde Ernährung aus dem eigenen Garten dank Ewigem Gemüse
Dennoch ist es eher unwahrscheinlich, ab 70 aus der gleichen Altersgruppe nochmals sehr viele neue Kunden zu gewinnen; entweder gärtnern sie in diesem Alter – oder wir werden sie wohl nie mehr für das Thema Garten gewinnen.
Ungleich erfolgsversprechender und nachhaltiger erscheint dagegen die Gewinnung jüngerer Kunden zwischen 25 und 40 Jahren. Der hier investierte Aufwand hat ja auch deutlich länger positive Auswirkungen. Was könnten Maßnahmen sein, die jüngere Kundinnen ansprechen? Hier können wir nur einige generelle Ideen formulieren:
- Junge Potentialgärtner da ansprechen, wo sie sich befinden – social networks
- easy gardening – Hürden abbauen
- Erfolgsgarantien
- fertige Angebote
- Bundles mit Preisvorteilen
- Kurzanleitungen
Junge Kundinnen über essbare Pflanzen gewinnen
Vor allem während Corona sind Zimmerpflanzen zur wichtigsten Pflanzengruppe für ganz junge Pflanzenkäufer (20-30 Jahre) geworden. Es wird sich zeigen, ob dieser Trend anhält, aber er passt natürlich gut zur Lebenssituation jüngeren Menschen, die nur in den seltensten Fällen gleich einen ausgewachsenen Garten besitzen.
Fast unbemerkt haben sich essbare Pflanzen als die Favoriten jüngerer Käuferinnen und Käufer nach vorne geschoben, wir bei Lubera.com waren selber von den Resultaten überrascht:
Grafiken: Durchschnittliche Warenkörbe bei Frauen und Männern der Altergruppe "U30" - gut erkennbar die unterschiedliche Gewichtung bei essbaren Pflanzen und Zierpflanzen
Grafiken: Durchschnittliche Warenkörbe bei Frauen und Männern der Altergruppe "Ü70" - hier werden die Unterschiede zwischen essbaren Pflanzen und Zierpflanzen noch deutlicher
Natürlich werden hier bei Lubera-Käufern die Essbaren Pflanzen etwas überbewertet sein, da Obst, Beeren und Gemüse zu den Kernkompetenzen unserer Schwesterfirma Lubera.com zählen. Dennoch sind auch bei Lubera 4000 Artikel der angebotenen 6000 Pflanzen Zierpflanzen (und nicht essbar…). Und die Tendenz, die sich über alle Altersgruppen hinzieht, ist überdeutlich: Für Jüngere sind essbare Pflanzen viel wichtiger als für ältere Pflanzenkäufer. Da ist auch der Umkehrschluss erlaubt, ja sogar naheliegend: Wer jüngere Pflanzenkäufer gewinnen will, muss vermehrt und kreativ essbare Pflanzen anbieten. Dazu gehören aber auch ganz einfache Anleitungen, da wir uns anders als vor 50 Jahren nicht mehr darauf verlassen können, dass das Gartengrundwissen daheim bei Muttern vermittelt wurde. Und dazu gehören spezielle Angebote für Balkone und Terrassen, ja vielleicht sogar für Indoorproduktion…
Deutlich mehr Gärtnerinnen als Gärtner
Grafik: generelle Umsatzverteilung zwischen Frauen und Männern, über alle Altersklassen hinweg
Ach ja, zum Abschluss noch eine Selbstverständlichkeit, die man aber nie vergessen sollte: Bei Lubera sind fast 2/3 der Pflanzenkäuferinnen Frauen, nur gut ein Drittel Männer…Allerdings: Gemäß unseren Daten von Lubera.com tendieren die Männer noch stärker zu essbaren Pflanzen als Frauen…